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Kritik: Zahlenwerk steht auf tönernen Füßen

SPD stimmt Doppelhaushalt nicht zu

Der Rat der Kreisstadt Unna soll Ende des Monats einen städtischen Haushaltsplan für gleich zwei Jahre verabschieden: für 2024 und für 2025. Diesem so genannten Doppelhaushalt erteilt die SPD-Fraktion eine Absage. „Wir halten es für unverantwortlich, in dieser krisenbehafteten Gesamtlage, die uns immer wieder vor neue Herausforderungen stellt, nicht auf Sicht zu steuern“, begründet Fraktionsvorsitzender Sebastian Laaser. Statt eines soliden Zahlenwerks mit möglichst wenig Unbekannten in der Gesamtrechnung, werde hier ein Haushalt präsentiert, der durchaus gute Ansätze habe, aber auf tönernen Füßen stehe und vor allem ein Ziel verfolge: die Zeit bis zur nächsten Kommunalwahl im Herbst 2025 irgendwie für die schwarz-grüne Projektgemeinschaft zu überbrücken. Dem neuen Stadtrat drohe dagegen von Beginn an Handlungsunfähigkeit angesichts einer enormen Überschuldung. „Wir bewegen uns auf ein beängstigendes Millionen-Defizit zu. Ohne wirkungsvolle Sparmaßnahmen werden das bis 2028 rund 129 Millionen Euro sein, nach vorliegendem Haushaltsplan inklusive Rechentricks immer noch 46 Millionen Euro bei Verzehr nahezu aller Unnaer Rücklagen“, mahnt Sebastian Laaser.

Bereits die städtischen Einzelhaushalte für 2022 und 2023 sind vom Kämmerer deutlich verspätet vorgelegt worden, ebenso wie der nun zur Diskussion stehende Doppelhaushalt. Begründet wurde das jedes Mal mit Krisen und unsicheren Rahmenbedingungen, die die Planungen erschweren. „Und jetzt geht plötzlich ein Haushaltsplan bis Ende 2025. Das ist doch in keiner Weise nachvollziehbar“, so die Sozialdemokraten kritisch. Sie haben im vergangenen Jahr dem städtischen Haushalt nur unter Vorbehalt zugestimmt. Ausschlaggebend für das Ja war letztlich die Zusicherung des Kämmerers Michael Strecker,  zeitnah einen Dialog mit Politik und Verwaltung darüber zu führen, wie Unna sein Ausgabenproblem nachhaltig in den Griff bekommen könne. Fraktionsvorsitzender Sebastian Laaser schloss deshalb seine Haushalsrede 2023 mit den Worten:  „Sollte das nicht geschehen, werden wir auf Dauer diese Haushaltspolitik der Stadt Unna nicht weiter mittragen – zum Wohle der Menschen in dieser Stadt und vor allem zum Wohle unserer Kinder und Enkel.“

Die Sozialdemokraten bedauern, dass es zu diesen wichtigen Gesprächen nie gekommen ist – vor allem weil sie sehr wohl anerkennen, wie schwer es für den städtischen Kämmerer angesichts der finanziellen Lage aller Kommunen im Land ist, einen soliden Haushalt auf die Beine zu stellen. „Umso wichtiger sind Ehrlichkeit und Transparenz, wenn man die Probleme auf Dauer lösen will. Es hilft doch nichts, die Zahlen so lange irgendwie hin- und herzuschieben, bis es passt“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende. „Wir müssen uns wirklich dringend die Frage stellen, was wir uns leisten können, nicht nur, was alles wünschenswert für unsere Stadt ist.“

Insbesonere kritisieren die Sozialdemokraten an dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf für 2024 und 2025 folgende Punkte:

  • Die Konsolidierungsvorschläge spülen bis auf die vorgeschlagene Anhebung der Gewerbesteuer zum 1. Januar 2025 kein echtes Geld in die Kasse, sondern tragen nur auf dem Papier dazu bei, einen so genannten fiktiven Haushaltsausgleich zu ermöglichen. So ist pauschal quer durch die Fachbereiche im Rathaus von einem so genannten „globalen Minderaufwand“ die Rede, mit dem jährlich 4,5 Millionen Euro auf der Habenseite verbucht werden können.  Eine konkrete Sparmaßnahme ist das nicht, vielmehr ein Rechentrick – „voraussichtlich erlaubt, aber nicht zielführend“, so Laaser. 
  • Belastungen, die unweigerlich auf Unna zukommen, werden kleingerechnet, zum Beispiel für den gesetzlich vorgeschriebenen weiteren Ausbau der Offenen Ganztagsschule. Er wird für die kommenden fünf Jahre mit gerade einmal vier Millionen Euro beziffert. Dabei soll allein die Ausbaumaßnahme für die Ganztagsbetreuung an der Katharinenschule mehr als 1,3 Millionen Euro kosten.
  • Andere finanzielle Belastungen, die Unna wird stemmen müssen, tauchen überhaupt nicht im Haushaltsplan auf. Dazu gehören Baumaßnahmen im Kita-Bereich, die notwendig sind, da die zurzeit provisorische Unterbringung der Kinder an einigen Standorten nach den Vorgaben des Gesetzgebers nur für eine begrenzte Zeit erlaubt ist.
  • Der Stellenplan, der zeitgleich mit dem Doppelhaushalt verabschiedet wird, schafft zusätzliche finanzielle Belastungen: durch mehr Personal im Rathaus, darunter die bereits verabschiedeten zwei zusätzlichen Dezernentenstellen. Auch die Anhebung der Besoldung einer Beigeordnetenstelle ist bereits beschlossen.
  • Teuer sind auch Machbarkeitsstudien, Konzepte und Workshops, die die Stadt Unna für mögliche künftige Projekte in Auftrag gibt, die angesichts der allgemeinen Finanzlage aber in den sprichwörtlichen Sternen stehen, zum Beispiel für die Sanierung der Lindenbrauerei und die nun wieder in die Diskussion um den Haushalt eingebrachte Sanierung des Hellweg-Museums.

Das Argument der Verwaltung, Doppelhaushalte habe es auch in der Vergangenheit schon gegeben, werten die Sozialdemokraten als blassen Rechtfertigungsversuch. „Früher waren Planungen auf deutlich verlässlicherer Basis möglich. Pandemie und kriegerische Auseinandersetzungen mit unmittelbaren Auswirkungen vor Ort gab es nicht.“